Embryonenforschung

Aktualisiert: 05.03.2007

Inhalt:

1. Zur Geschichte

2. Embryonenforschung heute

3. Umfang der Forschung

4. Eigens für die Forschung gezeugte Embryos



1. Zur Geschichte

In-vitro-Fertilisation ist ohne verbrauchende Embryonenforschung undenkbar. Der Retortenbabypionier Robert Edwards hatte seit 1960 experimentiert, um menschliche Eizellen in-vitro zu befruchten und schliesslich in den Uterus der Frau zu transferieren. Details zu dieser Geschichte, die 1987 zur Geburt des ersten Retortenbabys führte, siehe bei Human Life International Schweiz (HLI-Schweiz) im Dossier zur Fortpflanzungsmedizin.

2. Embryonenforschung heute

Heute konzentriert sich die Forschung vor allem auf jene Länder, die keine oder ungenügende Gesetze zum Schutz des menschlichen Embryos haben. Wer allerdings glaubt in sogenannten vorbildlichen Ländern, wie etwa der Schweiz, sei so etwas nicht möglich, täuscht sich. Drei Gründe können genannt werden:

  1. In der Schweiz greift der verfassungsmässige und ab dem 1. Januar 2001 der gesetzliche Schutz nur ungenügend. Während den ersten 16 bis 20 Stunden ist der Embryo im Vorkernstadium nahezu schutzlos der Willkür der Reproduktionsmedizin ausgeliefert. Er kann in beliebiger Zahl in-vitro gezeugt und wieder vernichtet werden. An abnormalen Embryos im Vorkernstadium ist an der Universitätsklinik Zürich schon verbrauchende Embryonenforschung durchgeführt worden.
  2. Obwohl seit 1993 ein Verfassungsartikel zur Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie in Kraft ist, sind am Universitätsspital in Genf überzählige Embryos bis zu acht Tage lang in-vitro kultiviert worden, wobei lediglich ca. ein Drittel überlebte. Die Forscher publizierten dies sogar mehrfach in der Fachzeitschrift 'Human Reproduction'. Eine entsprechende Pressemeldung von HLI-Schweiz wurde kurz vor der Volksabstimmung vom 12. März 2000 durch Agenturen und Printmedien unterdrückt. Die sogenannte FMF-Initiative sah ein Verbot der IVF in der Verfassung vor. Sie wurde vom Volk abgelehnt. Ein weiterer Fall, der zur Embryonenforschung gezählt werden darf, wurde in Baden bekannt. Obwohl gemäss der Schweizer Bundesverfassung nur so viele Embryos entwickelt werden dürfen, wie der Frau sofort eingepflanzt werden können, wurden am Kantonsspital in Baden eine künstliche Selektion unter In-vitro-Bedingungen vorgenommen. Es wurden möglichst viele Embryos gezeugt und anschliessend mehrere Tage lang kultiviert. Von jenen wenigen Embryos, welche die Prozedur überlebten, wurden ein oder zwei zur Erzielung einer Schwangerschaft transferiert. Somit wird im Reagenzglas künstlich Evolution gespielt: Die besten Embryos überleben.
  3. Manche Kliniken in der Schweiz halten sich gar nicht an die gesetzlichen Vorschriften. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Fortpflanzungsmediziner in der Schweiz pro Behandlungszyklus vorsichtig gerechnet durchschnittlich rund zehnmal mehr Embryos notfallmässig tiefgefrieren, wie ihr deutschen Kollegen, die unter einer vergleichbaren gesetzlichen Regelung arbeiten müssen. Die Kontrolle von Seiten der Kantone funktioniert nicht. Eine statistische Erhebung über die IVF und vor allem die tiefgefrorenen Embryos, zu der das Bundesamt für Statistik seit 2001 verpflichtet wäre, ist erst im Jahr 2006 und dazu noch unvollständig erfolgt.
  4. Die veröffentlichten Daten des Bundesamtes für Statistik sind sehr lückenhaft. Für die Jahre 2001 und 2005 liegen überhaupt keine Daten vor. Bezüglich der verwendeten Samenzellen im Jahr 2002 hat das BSF nach eigener Aussage gar keine Information. Die Zahl der überzähligen Embryonen wird sogar ausschliesslich nur für das Jahr 2003 angegeben. Diese Fakten bestätigen einmal mehr, dass unser Staat die Kontrolle über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung längst veloren hat, ja er strengt sich offenbar nicht einmal an, um dieses Manko, das dem Gesetz widerspricht, zu beheben.

Siehe weitere Details zu den Schweizer Verhältnissen: Staatliche Regelungen - Schweiz

3. Umfang der Forschung

Das Ausmass der Embryonenforschung ist schwierig abzuschätzen. Es gelingt wohl kaum, alle publizierten Artikel zu überblicken. Die Gefahr besteht zweifellos, den Umfang weit zu unterschätzen. Es gibt einzelne Publikationen, die auf 138, 362 und sogar 762 verbrauchten und getöteten Embryos basieren. Oft wird nicht einmal erwähnt, ob überhaupt eine Ethikkommission das entsprechende Projekt bewilligt hat. Bei der Durchsicht der Literatur kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es vor allem in den USA, Grossbritannien und Australien Ethikkommissionen gibt, die schlicht und einfach alles absegnen, was die Forscher beantragen. Da werden beispielsweise menschliche Embryos zusammen mit Krebszellen kultiviert oder in ihre einzelnen Blastomeren zerlegt und genetisch untersucht.

4. Eigens für die Forschung gezeugte Embryos

Im Jahr 2000 wurde in der Fachzeitschrift 'Fertility & Sterility' ein Summary abgedruckt, aus dem ganz klar hervorgeht, dass eigens für einen Forschungszweck Embryos aus gespendeten Gameten gezeugt wurden. Bisher haben selbst Vertreter liberalster philosophisch-ethischer Ansätze solche Machenschaften abgelehnt.

Gemäss diesem Abstract, das im Dezember 2000 herausgekommen ist, sind in den USA am Jones Institute for Reproductive Medicine zwecks Produktion von embryonalen Stammzellen eigens dafür gespendete Samen- und Eizellen verwendet worden. Es wurden also speziell für diesen Zweck Embryos gezeugt. Im Zusammenhang mit der Diskussion über die ethische Zulässigkeit der Produktion von embryonalen Stammzellen haben bisher die Forscher jeweils bekräftigt, es würden lediglich sogenannte überzählige Embryos, die jeweils bei der Behandlung unfruchtbarer Paare bei der In-vitro-Fertilisation entstehen, verwendet.

Erst ein ausführlicher Artikel im Juli 2001, der ebenfalls in 'Fertility & Sterility' erschien, wurden nun weitere Details einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Demnach sind in den USA schon 1997 eigens Männer und Frauen zwecks Spende von Samen- bzw. Eizellen ausgesucht worden. Insgesamt sind 162 reife Eizellen befruchtet worden, was dann zu 50 Embryos im Blastozyststadium führte. Daraus konnten schliesslich drei Stammzelllinien hergestellt werden.

Die Spenderinnen und Spender erhielten Entschädigungen. Die Männer erhielten 50$ und die Frauen 1500 bis 2000$. Diesen Weg beschritten die Forscher, um mit deren Zustimmung "Material von jungen, gesunden Spendern" zu erhalten. Ganz klar halten sie fest, dass dabei niemals die Erzielung einer Schwangerschaft intendiert war.

Die Forscher erhielten für ihr Vorhaben die Zustimmung des EVMS Institutional Review Board und des Jones Institute Ethics Committee. Dies bestätigt einmal mehr die fragwürdige Funktion von Ethikkommissionen, die sich mehr auf das Absegnen von Forschungsprojekten als auf die Ethik konzentrieren. Der Schlussfolgerung der Forscher ist im erwähnten Abstract zu entnehmen, dass sich ihre Ethik auf einem sehr niedrigen Niveau bewegt, die man mit Fug und Recht als "Sandkastenethik" bezeichnen könnte:

"Diese Resultate zeigen, dass die künftige Produktion von menschlichen embryonalen Stammzellen für den therapeutischen Gebrauch mit gespendeten Gameten möglich ist. Vor Beginn dieser Studie wurde über verschiedene ethische Fragen nachgedacht; dabei bestand unser Ziel darin, uns zu versichern, dass beide, Ei- und Samenspender schon vor ihrer Teilnahme das Wesen und das Ziel dieser Forschung verstanden."

Zurecht ernteten die Forscher von Reproduktionsmedizinern aus den USA und Europa harsche Kritik. Nur stellt sich die Frage, weshalb es nicht schon bei der mündlichen Präsentation dieser Studie anlässlich der Jahresversammlung der American Society for Reproductive Medicine (ASRM) vom 21. bis 26. Oktober 2000 in San Diego (California) Proteste gehagelt hat...

Interne Links

Schweizer Stammzellenforschungsgesetz (ein verkapptes Embryonenforschungsgesetz)

Externe Links

Deutsche Ärztezeitung: Dossier Embryonenforschung

Human Life International Schweiz

Missbräuche am Universitätsspital in Genf

Missbräuche am Kantonsspital in Baden

Dossier zur Fortpflanzungsmedizin

Diskutieren ja, - aber möglichst nur in eine bestimmte Richtung. Bericht zur Tagung "Embryonenforschung und Embryonenschutz" (28. Sept. 2001 Uni Zürich)

Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften

Literatur


Schweiz: Statistik der medizinisch unterstützten Fortpflanzung 2002 - 2004. (Weil die skandalöse Statistik auf demServer des Bundes nicht mehr gefunden werden kann, wird sie hier exklusiv angezeigt.) Medienmitteilung vom 2. November 2006
Nationalrat Markus Wäfler hat die Interpellation 06.3777 "Statistik 2002-2004 über die Fortpflanzungsmedizin" eingericht, die der Bundesrat am 21.2.2007 unbefriedigend beantwortete.

Josefson Deborah, Embryos Created for Stem Cell Research: BMJ 323, 21. Juli (2001) 127.

Lanzendorf S.E., Boyd C.A., Wright D.L., Muasher S., Oehninger S., Hodgen G.D., Use of Human Gametes Obtained from Anonymous Donors for the Production of Human Embryonic Stem Cell Lines: Fertil Steril 76 (2001) 132-137.

Vgl. Lanzendorf S.E., Boyd C.A., Wright D.L., Muasher S.J., Oehninger S.C., Hodgen G.D., The Use of Gametes Obtained from Anonymous Donors for the Production of Human Embryonic Stem Cell (ESC) Lines.: Fertil Steril 74 suppl (2000) O-045, S16-S17.

American Society for Reproductive Medicine (ASRM)

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