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27.08.2001 BRD
Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen an der Universität Bonn widerspricht der unbedingten Schutzwürdigkeit menschlichen Lebens
- Eine Stellungnahme von Mitgliedern der medizinischen Fakultät -
Verfasst von Priv.-Doz. Dr. med. S. Ewig, Priv.-Doz. Dr. med. A.Glasmacher, Prof. Dr. theol. U. Eibach
An der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn wird beabsichtigt, Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen durchzuführen. Zur Gewinnung derartiger Stammzellen ist eine Vernichtung menschlicher Embryonen notwendig, die durch künstliche Befruchtung (IVF) erzeugt und dann nicht mehr in die Gebärmutter der Frau übertragen wurden. Damit werden diese zu einem Zweck verbraucht, der ihrer ursprünglichen Bestimmung, zur Geburt eines Kindes zu verhelfen, eindeutig widerspricht. Die Forschung mit embryonalen Stammzellen, die aus dem Ausland importiert wurden, schließt eine ethische und sinngemäß auch eine rechtliche Billigung dieses verbrauchenden Umgangs mit Embryonen ein.
Die jedem Menschen zukommende Würde, die das oberste Rechtsprinzip des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland darstellt (Art.1), konstituiert die Unverfügbarkeit des Menschen durch Andere und konkretisiert sich in erster Linie im Recht auf Leben (Art.2). Das Leben eines jeden Menschen beginnt, wenn in der befruchteten Eizelle ein individuelles neues Genom entstanden ist. Auch der frühe Embryo steht unter einem uneingeschränkten Lebensschutz, weil er das erste Stadium eines kontinuierlichen Entwicklungsprozesses zu einem erwachsenen Menschen ist. Jede andere Festlegung des Beginns der unbedingten Schutzwürdigkeit ist willkürlich und macht frühe Stadien der Entwicklung des Menschen der Zwecksetzung Anderer verfügbar. Der Tatbestand, dass diese Embryonen nicht mehr dem Zweck der Erfüllung eines Kinderwunschs zugeführt werden sollen und deshalb ohnehin sterben müssen, rechtfertigt keinesfalls ihre Vernichtung zu »fremdnützigen« Zwecken.
Das sich aus der Würde des Menschen ergebende Recht auf Leben darf auch zu »hochrangigen« therapeutischen Zwecken für Andere nicht in Frage gestellt werden. Gegenüber diesem Recht hat auch das Recht auf Forschungsfreiheit zurückzustehen. Ärztliche und pflegerische Aufgabe ist es, Menschen von Krankheiten zu heilen, ihre Leiden zu lindern und ihnen in Krankheit und im Sterben beizustehen. Diese Zielsetzungen wurzeln in der Achtung vor der Würde des Menschen. Zu diesen Aufgaben gehört auch die Erforschung neuer therapeutischer Methoden. Hierfür dürfen aber nur solche Mittel gewählt werden, die nicht das Lebensrecht Anderer verletzen. Dieses Recht wird jedoch durch die Vernichtung menschlicher Embryonen zum Zwecke der Gewinnung von Stammzellen verletzt, auch wenn diese Stammzellen dem »hochrangigen« Ziel der Erforschung therapeutischer Möglichkeiten dienen. Als Ärztinnen und Ärzte halten wir es zudem für ethisch bedenklich, mit der Forschung an embryonalen Stammzellen schon heute bei kranken Menschen Erwartungen auf erfolgreiche Therapie und Heilung zu wecken.
Mit der verbrauchenden Forschung an menschlichen Embryonen wird eine weitreichende Veränderung des für den unbedingten Schutz menschlichen Lebens grundlegenden Verständnisses von Menschenwürde eingeleitet. Unabweisbar ist damit die Gefahr der Ausweitung des verfügenden Umgangs mit fortgeschrittenen Stadien embryonalen Lebens und des geborenen Lebens überhaupt zu therapeutischen und sonstigen Zielsetzungen gegeben. Eine Einschränkung des verbrauchenden Umgangs mit Embryonen auf früheste Stadien und die Gewinnung von Stammzellen ist wenig realistisch.
Die Unterzeichner halten eine ausführliche Diskussion innerhalb der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn über die moralischen und rechtlichen Folgen vor einer Billigung der Forschung mit embryonalen Stammzellen und der damit notwendig verbundenen Vernichtung menschlicher Embryonen für unabdingbar.
Bonn, den 30.07.01
Liste der bisherigen Unterzeichnerinnen und Unterzeichner
Verfasser:
Priv. Doz. Dr. med. S. Ewig, Innere Medizin, Pneumologie, Intensivmedizin
Priv. Doz. A. Glasmacher, Innere Medizin, Hämato-Onkologie
Prof. Dr. theol. Ulrich Eibach, ev. Theologie, Biologie, ev. Klinikseelsorger, Beauftragter der Evangelischen Kirche im Rheinland für Fragen der Ethik in Biologie und Medizin
Unterzeichnerinnen und Unterzeichner
Dr. med. R. Caspari, Innere Medizin
Prof. Dr. med. K. Jäger, Chirurgie
Dr. med. B. Klein, Innere Medizin, Nephrologie
Prof. Dr. med. Y. Ko, Innere Medizin, Hämato-Onkologie
Frau Prof. em. Dr. med. S. Kowalewski, Pädiatrie, Neonatologie
Priv. Doz. Dr. med. G. Marklein, Medizinische Mikrobiologie und Infektionsepidemologie
AOR Dr. med. E. Molitor, Medizinische Mikrobiologie und Infektionsepidemologie
Prof. Dr. med. Dipl. Biochem. E. Musch, Innere Medizin, Gastroenterologie
Priv. Doz. Dr. med. H. Schäfer, Innere Medizin, Pneumologie
Dr. med. S. Tasci, Innere Medizin
Prof. Dr. med. Th. Wienker, Humangenetik, Genetische Epidemologie
Eine ausführliche Stellungnahme von Priv.-Doz. Dr. med. Santiago Ewig ist auf dieser Webseite zugänglich. Ein Manuskript wurde bei der Zeitschrift für medizinische Ethik eingereicht.